Anthony Dod Mantle
Preisträger des Jahres 2011
Die Seele, nicht der Stil ist es, worauf es ankommt. Eine Technik, die nicht zu Kunst wird, ist uninteressant. Leute fürchten das Neue und Unvorhersehbare. Es ist schwer zu verstehen warum, denn die Sprache des Kinos verlangt nach ständiger Erneuerung.
Anthony Dod Mantle
Anthony Dod Mantle wird 1955 in Oxford/England geboren. Der Sohn eines Wissenschaftlers und einer Malerin unternimmt nach seinem Collegeabschluss Reisen nach Frankreich, Dänemark und Indien, wo er sich intensiv der Fotografie widmet.
Am London College of Printing nimmt Dod Mantle 1980 ein Masterstudium im Fach Fotografie auf, das er 1983 abschließt. Von 1985 bis 1989 studiert er Kamera an der Danske Filmskole (DDF) in Kopenhagen, wo er seitdem seinen Lebensmittelpunkt hat. In dieser Zeit beginnt er mit dem Drehen von Kurzfilmen, Musikvideos und Werbespots. Zwei Jahre nach dem Abschluss an der dänischen Filmhochschule dreht er mit dem deutschen Regisseur Philip Gröning seinen ersten größeren Kinofilm Die Terroristen!(1992), arbeitet zu Beginn seiner Karriere aber überwiegend an Kurzfilmen und Dokumentationen.
Anthony Dod Mantle ist eine der zentralen Persönlichkeiten der dänischen Dogma 95-Bewegung. Mit seiner Kameraarbeit für den ersten Dogma-Film Das Fest (1998, Regie: Thomas Vinterberg) sorgt er international für Aufsehen. Anschließend dreht er mit Mifune (1998, Regie: Søren Kragh-Jacobsen) und Julien Donkey-Boy (1999, Regie: Harmony Korine) zwei weitere Dogma-Filme. Mit den Begründern der Bewegung Lars von Trier und Thomas Vinterberg arbeitet Dod Mantle seitdem regelmäßig zusammen. Seine Kooperation mit dem britischen Regisseur Danny Boyle beginnt im Jahre 2001. Gemeinsam mit Boyle dreht er unter anderem zwei Fernsehfilme für die BBC und den Endzeit-Horrorfilm 28 Days Later(2002) auf Mini-DV. Zuvor hatte er mit diesem Format schon die Dogma-Filme Das Fest und Julien Donkey-Boy realisiert. Ab 2003 arbeitet Dod Mantle verstärkt mit HD-Formaten und Kombinationen aus analogen und digitalen Aufnahmesystemen. Er ist ein Pionier des digitalen Kinos und gibt sein technisches und künstlerisches Wissen gemeinsam mit Christopher Doyle und anderen namhaften Kameraleuten in Vorträgen weiter.
Seit Jahren zählt Dod Mantle zu den international gefragtesten Bildgestaltern und wird mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Für seinen ersten mit einer HD-Kamera gedrehten Film Dogville(2003, Regie: Lars von Trier) erhält er den Europäischen Filmpreis. 2006 wird seine Kameraarbeit für den Polit-Thriller Der letzte König von Schottland (Regie: Kevin Macdonald) mit dem British Independent Film Award ausgezeichnet. Für Dod Mantles jüngste Kooperationen mit Lars von Trier und Danny Boyle (Antichrist, 2009 und Slumdog Millionär, 2008) wird ihm 2009 abermals der Europäische Filmpreis verliehen. Seine Kameraarbeit für den Welterfolg Slumdog Millionär wird 2009 mit dem Oscar geehrt.
Anthony Dod Mantle ist Mitglied der British Society of Cinematographers (BSC) und des Dansk Filmfotograf Forbund (DFF).
My Penguin Friend (2024)
Regie: David Schurmann
Pistol (2022, TV Miniserie, 6 Episoden)
– The Cloak of Invisibility
– Rotten
– Bodies
– Pretty Vaaayc**t
– Nancy and Sid
– Who Killed Bambi?
Regie: Danny Boyle
The Undoing (2020, TV Miniserie, 6 Episoden)
– The Bloody Truth (2020)
– Trial by Fury (2020)
– See No Evil (2020)
– Do No Harm (2020)
– The Missing (2020)*
Regie: Sussane Bier
Gutterbee (2019)
Regie: Ulrich Thomsen
Kursk (2018)
Regie: Thomas Vinterberg
Tro (2018, Dokumentarfilm)
Regie: Jens Loftager
The Putin Interviews (2017, TV Dokumentarfilm)
Regie: Oliver Stone
First They Killed My Father: A Daughter of Cambodia Remembers (2017)
Regie: Angelina Jolie
T2 Trainspotting (2017)
Regie: Danny Boyle
Snowden (2016)
Regie: Oliver Stone
In the Heart of the Sea (2015)
Regie: Ron Howard
Verräter wie wir (2015)
Regie: Susanna White
Rush – Alles für den Sieg (2013)
Regie: Ron Howard
Trance – Gefährliche Erinnerung (2013)
Regie: Danny Boyle
Judge Dredd (2011)
Regie: Pete Travis
127 Hours (2011)
Regie: Danny Boyle
The Eagle (2010)
Regie: Kevin Macdonald
Antichrist (2009)
Regie: Lars von Trier
Paradis (2009, Dokumentarfilm)
Regie: Jens Loftager, Erlend E. Mo
Wallander (2008, TV, Episoden #1 „Die falsche Fährte“ und #3 „Mittsommernachtsmord”)
Regie: Philip Martin
Slumdog Millionär (2008)
Regie: Danny Boyle
SveitabrÚÐkaup (2008)
Regie: Valdis Óskarsdóttir
Trip to Asia – Die Suche nach dem Einklang (2008, Dokumentarfilm)
Regie: Thomas Grube
Occupations (2007, Segment von To Each His Own Cinema)
Regie: Lars von Trier
En Mand Kommer Hjem (2007)
Regie: Thomas Vinterberg
Hjemve (2007)
Regie: Lone Scherfig
My Black Little Heart (2006)
Regie: Claire Angelique
Mit Danmark – Film Nr. 1 (2006)
Regie: Jens Loftager
Istedgade (2006, Short)
Regie: Birgitte Stærmose
Der letzte König von Schottland (2006)
Regie: Kevin Macdonald
Sophie (2006, Short)
Regie: Birgitte Stærmose
Brothers of the Head (2005)
Regie: Keith Fulton, Louis Pepe
Manderlay (2005)
Regie: Lars von Trier
Dear Wendy (2005)
Regie: Thomas Vinterberg
Familien Gregersen/Lost Generation (2004)
Regie: Charlotte Sachs Bostrup
Millions (2004)
Regie: Danny Boyle
SmÅ Skred (2003, Short)
Regie: Birgitte Stærmose
Krig (2003, Dokumentarfilm)
Regie: Jens Loftager
Dogville (2003)
Regie: Lars von Trier
It’s All About Love (2003)
Regie: Thomas Vinterberg
Die große Stille (2002, Dokumentarfilm)
Regie: Philip Gröning
Volkswagen – Zusammen (2002, Werbespot)
Regie: Alice Agneskirchner
28 Days Later (2002)
Regie: Danny Boyle
Vacuuming Completely Naked In Paradise (2001, TV)
Regie: Danny Boyle
Strumpet (2001, TV)
Regie: Danny Boyle
Manden Med Tubaen (2000, Short)
Regie: Anders Gustafsson
Jokes: Easter (2000)
Regie: Gus Van Sant
D-Dag (2000, TV)
Regie: Lars von Trier
En Verdensomsejling under bordet (1999, TV)
Regie: Maria Walbom
Julien Donkey-Boy (1999, Dogma #6)
Regie: Harmony Korine
Bornholms Stemme (1999)
Regie: Lotte Svendsen
Mifune (1998, Dogma #3)
Regie: Søren Kragh-Jacobsen
Festen (1998, Dogma #1)
Regie: Thomas Vinterberg
Tranceformer – A Portrait of Lars von Trier (1997, Dokumentarfilm)
Regie: Stig Björkman
NonnebØrn (1997)
Regie: Cæcilia Holbek Trier
Det store flip (1997)
Regie: Niels Gråbøl
De stØrste helte/The Biggest Heroes (1996)
Regie: Thomas Vinterberg
Velo Negro (1996, Dokumentarfilm)
Regie: Arjanne Laan
Fredens Port (1996, Dokumentarfilm, Short)
Regie: Thomas Stenderup
Operation Cobra (1995)
Regie: Lasse Spang Olsen
Menneskedyret (1995)
Regie: Carsten Rudolf
ORDP (1994, Dokumentarfilm)
Regie: Jens Loftager
Die Terroristen! (1992)
Regie: Philip Gröning
Die Geburtstagsreise (1990)
Regie: Lone Scherfig
Academy Awards
2009 Oscar Best Achievement in Cinematography for Slumdog Millionär (2008)
Amercian Society of Cinematographers
2009 ASC Award Outstanding Achievement in Cinematography in Theatrical Releases for Slumdog Millionär(2008)
BAFTA Awards
2009 ASC Award Outstanding Achievement in Cinematography in Theatrical Releases for Slumdog Millionär(2008)
BAFTA TV Award
Best Photography & Lighting Fiction/Entertainment for Kommissar Wallander (2008).
Bodil Awards
2010 Best Cinematography for Antichrist (2009)
2004 Cinematographer Award
British Independent Film Awards
2006 British Independent Film Award Best Technical Achievement for The Last King of Scotland (2006)
Camerimage
2008 Golden Frog for Slumdog Millionär (2008)
European Film Awards
2009 European Film Award Best Cinematographer for Antichrist (2009) and Slumdog Millionär (2008)
2003 European Film Award Best Cinematographer for Dogville (2003)
Evening Standard British Film Awards
2007 Best Technical Achievement for Brothers of the Head(2005) and The Last King of Scotland
NatFilm Festival
2000 Night Dreamer Award
National Society of Film Critics Awards
2009 NSFC Award Best Cinematography for Slumdog Millionär (2008)
New York Film Critics Circle Awards
2008 NYFCC Award Best Cinematography for Slumdog Millionär (2008)
Robert Festival
2010 Robert Best Cinematography for Antichrist (2009)
2004 Robert Best Cinematography for It’s All About Love(2003)
1999 Robert Best Cinematography for Festen (1998)
1996 Robert Best Cinematography for Menneskedyret (1995)
San Diego Film Critics Society Awards
2008 SDFCS Award Best Cinematography for Slumdog Millionär (2008)
Stockholm Film Festival
2006 Best Cinematography for The Last King of Scotland(2006)
Mit Anthony Dod Mantle wird einer der innovativsten und einflussreichsten Bildgestalter des europäischen Gegenwartskinos ausgezeichnet. Seiner unbändigen Experimentierfreude im Einsatz verschiedenster Aufnahmesysteme, seiner bildschöpferischen Kreativität und seinem Mut, althergebrachte Konventionen zu brechen, sind einige der visuell imposantesten Filme der letzten Jahrzehnte zu verdanken. Seine technische Perfektion, seine Hingabe an jedes einzelne Projekt und seine Bereitschaft, immer wieder filmkünstlerisches Neuland zu betreten, werden von bedeutenden Regisseuren wie Lars von Trier, Thomas Vinterberg, Kevin Macdonald oder Danny Boyle geschätzt, deren Stammkameramann er ist.
Es war Anthony Dod Mantle, der in Das Fest (1998, Regie: Thomas Vinterberg) als einer der ersten die gestalterischen Potenziale einer kleinen, für den Amateurmarkt konzipierten Digitalkamera erkannte und mit der kalkulierten Rauheit der Bilder entscheidend zur verstörenden Intensität dieses ersten Films der dänischen Dogma 95-Bewegung beigetragen hat. Dod Mantle weiß die Einschränkungen des Dogma 95-Manifests, zu denen beispielsweise das Gebot der Handkamera und der Verzicht auf künstliche Beleuchtung gehört, kreativ zu nutzen und überrascht mit ungewöhnlichen Kameraperspektiven und verschatteten Bildern von geradezu malerischer Qualität jenseits aller Zuschreibungen wie Realismus oder Authentizität.
Nicht nur als Kameramann dieses stilbildenden, für den Erfolg der Dogma 95-Bewegung enorm wichtigen Films, sondern auch, weil er mit dem ebenfalls international erfolgreichen Mifune (1998, Regie: Søren Kragh-Jacobsen) und dem experimentellen Julien Donkey-Boy (1999, Regie: Harmony Korine) zwei weitere bemerkenswerte Filme der Bewegung fotografiert hat, gilt er zu Recht als eine ihrer bedeutendsten Persönlichkeiten. Seinen Ruf als Wegbereiter des digitalen Kinos hat Anthony Dod Mantle spätestens mit dem Einsatz von DV-Kameras in dem Endzeit-Horrorfilm 28 Days Later (2002) gefestigt, der ersten Kooperation mit Danny Boyle.
Das Werk Anthony Dod Mantles ist geprägt von einer enormen Vielseitigkeit. In Dogville (2003), bei dem Regisseur Lars von Trier die Kamera weitgehend selbst führte, nahm Dod Mantle die Position eines klassischen Directors of Photography ein, der die Visualität des Films überwacht und vor allem die Lichtgestaltung verantwortet. Gerade in einem die Grenzen zwischen Film, Literatur und Theater auslotenden Experiment wie Dogville kommt der Lichtsetzung eine außerordentliche Bedeutung zu. Dod Mantle beweist nicht nur hier, sondern auch in der Fortsetzung Manderlay (2005, Regie: Lars von Trier) eindrucksvoll, dass er auch diesen Bereich seines Handwerks souverän beherrscht. Mit den Mitteln der Lichtsetzung haucht er dem Städtchen Dogville Leben ein, dirigiert nuanciert die Atmosphäre des Films und leitet virtuos dessen erschütterndes Ende ein. Von solch atmosphärischer Dichte ist auch die jüngste Zusammenarbeit zwischen Anthony Dod Mantle und Lars von Trier gekennzeichnet: Der visuellen Suggestion des kontrovers diskutierten Psycho-Horror-Thrillers Antichrist(2009) können sich selbst dessen Kritiker nur schwerlich entziehen.
Die Wahl der Kamera und des Materials ist bei Anthony Dod Mantle niemals manierierter Selbstzweck, sondern stets Resultat einer bewussten Entscheidung im Dienste der erzählten Geschichte. Häufig begnügt er sich nicht mit einem Format für den gesamten Film, sondern entscheidet über seine Werkzeuge nach den Erfordernissen einzelner Sequenzen. Bereits in Julien Donkey-Boy griff er neben handelsüblichen DV-Kameras auch auf Infrarottechnik und so genannte „Spycams“ zurück, Miniaturkameras, die es ermöglichen, unbemerkt zu filmen. Im weitgehend auf 16mm gedrehten Politthriller Der letzte König von Schottland (2006, Regie: Kevin Macdonald) setzte er beispielsweise für Großaufnahmen des Hauptdarstellers Forrest Whitaker 35mm-Material ein, um dem Wahnsinn des von diesem verkörperten ugandischen Diktators Idi Amin besser Ausdruck verleihen zu können. Sowohl in 28 Days Later als auch in der mehrfach ausgezeichneten Kartäuser-Dokumentation Die große Stille (2002, Regie: Philip Gröning), kombiniert er klassisches Filmmaterial mit modernster Digitaltechnologie.
Zwischen verschiedenen Aufnahmesystemen bewegt sich Dod Mantle auch in seinem bislang erfolgreichsten Film, dem weltweiten Erfolg Slumdog Millionär (2008, Regie: Danny Bolye), für den er mit dem Oscar für die beste Kamera ausgezeichnet wurde. Um der Vielfalt der Stationen im bewegten Leben des „Slumdogs“ Jamal gerecht zu werden, arbeitete Dod Mantle abermals mit verschiedenen analogen und digitalen Kameras – die rasanten Verfolgungssequenzen in den Slums von Mumbai verdanken ihre Intensität zum Teil sogar einer digitalen Fotokamera – und setzte zudem diverse Filmmaterialen mit unterschiedlichen Charakteristika ein. Das Ergebnis sind nie gesehene Bilder Indiens zwischen kaum ertragbarer Schonungslosigkeit und bezwingender Schönheit, die sich in perfekter Synthese zu einem der mitreißendsten Filme der letzten Jahre ergänzen.
Anthony Dod Mantle ist ein intuitiver Experimentator, ein visueller Stratege, ein perfekter Teamplayer und ein technikbegeisterter Visionär, der seine Mittel äußerst sorgsam und mit großer Souveränität wählt. Er ist ein Bildkünstler, der sich jenseits der Konventionen immer wieder neu erfindet und sich gerade dadurch treu bleibt, ein Grenzgänger und Grenzüberschreiter, der keinen Stillstand duldet und die Bildsprache ständig weiterentwickelt.